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Ohne gleich zum CAD-Profi zu werden: Grundlagen, Denkweise und typische Stolpersteine bei 3D-Modelierung.

Warum überhaupt 3D? (Oder: Der Grund, warum sich der Aufwand lohnt)

Wenn du AutoCAD nutzt, hast du dir vermutlich im 2D-Bereich ein sicheres Terrain geschaffen. Linien, Bemaßung, Layouts – läuft. Doch irgendwann steht da dieses Projekt vor dir. Es schreit förmlich nach Volumen. Nach „Wie sieht das Ding in echt aus?“. Und da kommt 3D ins Spiel.

Und zwar aus gutem Grund:

  • Räumliches Verständnis: Mit einem 3D-Modell verstehst du sofort, wie etwas im Raum wirkt – statt nur Höhenkoten und Seitenansichten zu interpretieren.
  • Weniger Fehler: Du erkennst frühzeitig, ob Teile kollidieren, ob Maße stimmen oder ob dein Entwurf irgendwo unlogisch ist.
  • Bessere Kommunikation: Kunden, Projektleiter oder dein Kollege von der Produktion – alle verstehen ein 3D-Modell schneller als 5 verwinkelte 2D-Zeichnungen.
  • Mehr Möglichkeiten: 3D-Druck, CAM-Export, BIM-Anbindung, Visualisierungen… 2D kann das alles nicht leisten.
  • Karriere-Booster: Du bist nicht mehr nur „Zeichner“, sondern wirst zum Modellierer – und bist damit wertvoller im Team. Und nicht zu vergessen: Bragging Rights – mit ein bisschen 3D kannst du in der Kaffeepause glänzen.

Kurz: Wer 3D kann, sieht mehr – und präsentiert besser. Und du brauchst kein Maschinenbau-Diplom, um loszulegen. Wirklich nicht.


1. Denkweise ändern: Vom Zeichner zum Modellbauer

In 2D zeichnest du Linien. In 3D baust du Körper. Denk in Quadern, Zylindern, Pyramiden. Ein Rechteck in 2D wird zu einem Quader. Ein Kreis? Zum Zylinder. Klingt banal – ist aber der wichtigste Umdenk-Schritt.

Tipp: Starte mit einfachen Lego-mäßigen Bauformen. Das hilft deinem Kopf, in „Volumen“ zu denken – statt in Flächen.


2. Die richtige Arbeitsumgebung

Wechsle in AutoCAD den Arbeitsbereich zu „3D-Modellierung“. Dann bekommst du Zugriff auf:

  • 3D-Werkzeuge (EXTRUSION, ROTATION, Boolean usw.)
  • Ansichtssteuerung
  • Visual Styles (z. B. Schattiert)
  • BKS-Steuerung (mehr dazu später)

Das ist dein neues Zuhause – keine Sorge, nach ein paar Klicks fühlst du dich dort so wohl wie im 2D-Modellbereich.

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3. Die Basics: 80 % mit drei Befehlen

Diese drei Befehle reichen dir für die ersten Projekte völlig aus:

  • EXTRUSION: Erhebt eine geschlossene 2D-Kontur zu einem Volumenkörper.
  • ROTATION: Dreht ein 2D-Profil um eine Achse.
  • QUADER / ZYLINDER  / KUGEL: Fertige 3D-Grundkörper direkt erzeugen.

Beispiel: Zeichne ein Rechteck → EXTRUSION → Höhe eingeben → fertig ist dein Quader!

🛑 Häufiger Fehler: Die 2D-Kontur muss geschlossen sein (Polylinie oder Region), sonst passiert… nichts vernünftiges.


4. Navigation und Ansichten

Im 3D brauchst du mehr Überblick – du willst ja dein Werk auch von allen Seiten sehen.

Wichtige Tools:

  • 3DORBIT (oder SHIFT + Mausrad): frei um dein Modell rotieren
  • View Cube rechts oben: Klick → Ansicht wechseln
  • visuelle Stile: 2D-Drahtkörper, Konzeptuell, Schattiert, Realistisch – zum besseren Überblick

Tipp: Schalte zwischen Konzeptuell & Drahtmodell hin und her, um Geometrie zu prüfen. Ein unsichtbarer Fehler ist schlimmer als ein sichtbarer.


5. Volumenkörper kombinieren: Die Boolean-Tools

Jetzt wird’s spannend – mit VEREINIGUNG, DIFFERENZ und SCHNITTMENGE.

  • VEREINIGUNG: Zwei Körper werden zu einem.
  • DIFFERENZ: Körper B schneidet aus Körper A ein Loch.
  • SCHNITTMENGE: Nur der gemeinsame Bereich bleibt übrig.

Beispiel: Zylinder in Quader stecken → SUBTRACT → Loch drin.

So baust du Fenster, Bohrungen, Durchbrüche oder komplexe Geometrien aus Grundkörpern.


6. BKS – dein Koordinatensystem als Werkzeug

Das Benutzerkoordinatensystem (BKS) ist dein Freund, wenn du „schräg“, „seitlich“ oder „nach unten“ arbeiten willst.

  • BKS → Welt, Objekt, Ansicht oder Eigenes definieren
  • Dynamisches BKS: Snappt automatisch an Flächen und Kanten – sehr nützlich

Tipp: Wenn Extrusionen plötzlich „schief“ verlaufen: BKS prüfen! Ein falsches Koordinatensystem ist oft der Grund.


7. Typische Stolpersteine – und wie du sie elegant umgehst

Problem

Ursache

Lösung

EXTRUSION funktioniert nicht

Kontur nicht geschlossen

Mit VERBINDEN oder PEDIT prüfen und schließen – oder REGION verwenden

Körper nicht sichtbar

Falscher Visual Style oder Körper außerhalb des Ansichtsbereichs

ZOOM EXTENTS und zu „Schattiert“ oder „Realistisch“ wechseln

Orbit dreht komisch

BKS ist verdreht oder nicht auf Welt eingestellt

BKS → WELT setzen, ggf. PLAN verwenden (DRSICHT)

2D und 3D vermischen sich chaotisch

Z-Koordinaten durcheinander, oft alles noch auf Z=0

Mit EIGENSCHAFTEN Z-Werte prüfen und gegebenenfalls anpassen

Körper lassen sich nicht auswählen

Sie liegen auf ausgeblendetem, gefrorenem oder gesperrtem Layer

Layer prüfen mit LAYERS, ggf. entsperren/tauen

DIFFERENZ oder VEREINIGUNG klappt nicht

Die Körper berühren sich nicht oder sind keine echten Volumenkörper

ggf. Objekte verschieben

Konturen sehen richtig aus, tun aber nichts

Linie oder Spline statt geschlossener Polylinie

Mit PEDIT umwandeln, VERBINDEN, ggf. zu REGION konvertieren

Kein Hatching oder Flächenfarbe sichtbar

Visual Style „2D-Drahtkörper“ aktiviert

Visual Style auf „Schattiert“ stellen

Zuviel oder falsches Licht im Modell

Standardlichter und Schatten aktiv – irritieren im Shaded View

LIGHTINGUNITS = 0 setzen oder gezielt Lichtquellen steuern

Maßstab stimmt plötzlich nicht mehr

2D-Elemente wurden im falschen Maß extrudiert oder BKS war schräg

ABSTAND zur Prüfung nutzen, BKS zurücksetzen, Körper ggf. neu platzieren

DBKS funktioniert nicht

Dynamisches BKS ist deaktiviert

Dynamisches BKS in der Statuszeile aktivieren → F6

8. Exportformate: DWG kann viel – aber manchmal brauchst du mehr

Du hast ein schönes 3D-Modell in AutoCAD gebaut – Glückwunsch! Aber was, wenn du es weiterverwenden willst? Etwa für 3D-Druck, Präsentation in Blender, Konstruktion in Inventor oder Zusammenarbeit mit einem Revit-Team? Dann brauchst du mehr als nur DWG.

Hier die wichtigsten Formate im Überblick – und was sie können (oder nicht):

🗃️ DWG – Das AutoCAD-Original

  • Enthält exakte Volumenkörper, Bemaßungen und Layer.
  • Ideal, wenn du selbst weiterarbeitest oder dein Team (mit AutoCAD oder DWG-Viewer) auf dein Modell zugreifen soll.
  • Viele Tools wie Fusion 360, DWG TrueView, Autodesk Viewer oder CorelCAD können DWG direkt öffnen fieldp.com+14Reddit+14Autodesk Forums+14Lifewire+1DARF DESIGN+1.

🖨️ STL – Für 3D-Druck

Export-Tipp: FACETRES → 10 / STLOUT → Modell auswählen → Binary oder ASCII


🔧 STEP / STP – Für den technischen Austausch (nur mit AutoCAD Mechanical möglich)


🧩 IGES – Der Klassiker für Altanlagen


📤 Und wie exportiere ich das?

  1. Datei → Exportieren → Andere Formate…
  2. Format wählen (STL, STEP, FBX, IGES usw.)
  3. Datei speichern und (optional) im passenden Viewer prüfen.

Tipp: Bevor du exportierst, speichere eine DWG-Kopie, um die native Struktur zu bewahren.

Format Was es enthält Ideal für… Hinweise
DWG Volumenkörper, Layer, Bemaßung AutoCAD intern, DWG-Viewer Universelle Bearbeitung
STL Dreiecksnetz (Mesh) 3D-Drucker, Slicer FACETRES = 10 für glatte Oberfläche
STEP Exakte Volumenmodelle Inventor, SolidWorks, CNC STEPOUT, unterstützt Assemblies
IGES Volumendaten für Alte Systeme Legacy CAM/CNC Nur bei Bedarf verwenden

✅ Best Practices

  • Für 3D-Druck: STL; FACETRES=10, optional View im Windows 3D-Viewer.
  • Für Konstruktionsaustausch: STEP ist der Goldstandard.
  • Bewahre eine DWG-Kopie, bevor du exportierst – so bleibst du flexibel.

9. Übung macht den Körper – Mini-Projekte

Der beste Weg, 3D zu lernen? Einfach machen. Keine Theorie kann ersetzen, was du mit ein paar Testmodellen selbst erlebst. Hier sind drei einfache, aber lehrreiche Mini-Projekte, mit denen du deine ersten 3D-Schritte ganz locker gehst:


🏠 Mini-Haus – Das 3D-Baukastensystem

Was du lernst: Extrusion, Subtraktion, Kombination von Grundkörpern Ablauf:

  1. Zeichne ein Rechteck → EXTRUSION → Quader = Hauskörper
  2. Zeichne ein Dreieck als Dachprofil → EXTRUSION → Dachform
  3. Zeichne einen kleineren Quader → positioniere als Tür → SUBTRACT → Tür entsteht

Tipp: Setze die Dachkante manuell über die Ansicht von vorn, damit die Schräge korrekt sitzt. Das übt das Denken in Perspektive!


🍶 Schraubglas – Rotation rules

Was du lernst: ROTATION, Profilzeichnen, Achsenverständnis Ablauf:

  1. Zeichne ein 2D-Profil (z. B. als halbes Glas im Schnitt)
  2. Zeichne eine senkrechte Linie als Drehachse
  3. Wähle ROTATION → wähle Profil & Achse → voilà, dein Glas ist da

Tipp: Halte die Profilzeichnung so einfach wie möglich – jede zusätzliche Ecke erzeugt später mehr Polygone. Teste auch 270°-Revolution für Teilformen.


🔤 Logo mit Tiefe – Mehr Eindruck durch Extrusion

Was du lernst: Importieren von 2D-Daten, Extrusion von komplexeren Formen Ablauf:

  1. Importiere ein DWG-/DXF-Logo (z. B. ein Schriftzug oder Firmenzeichen)
  2. Überprüfe, ob die Polylinien geschlossen sind (ggf. VERBINDEN oder UMGRENZUNG)
  3. Wähle alle zusammen → EXTRUSION → und gib dem Logo 3D-Tiefe

Tipp: Diese Technik eignet sich hervorragend für 3D-gedruckte Keychains oder Namensschilder.


Wenn du willst, erweitere dein Training z. B. um:

  • 🧱 Wand mit Fenster: Zwei Quader, ein SUBTRACT, dann 3D-Orbit zum Test
  • 🧳 Tasche mit Griff: Zwei ROTATIONs und ein UNION
  • 📦 Modulares Verpackungsteil: Ideal zum Testen von SCHNITTMENGE

Mit diesen Projekten lernst du fast spielerisch die wichtigsten Denk- und Arbeitsweisen in 3D – und du kannst direkt sehen, was funktioniert (und was nicht).


Fazit: Keine Raketenwissenschaft – aber der nächste logische Schritt

Mit dem Sprung von 2D auf 3D erschließt du dir ganz neue Welten:

  • Mehr Kontrolle
  • Weniger Fehler
  • Bessere Kommunikation
  • Coolere Projekte

Du brauchst dafür kein Diplom – nur ein bisschen Übung und Mut zum Orbit. Und wenn du mal feststeckst: Denk dran, es gibt UNDO, ZOOM – und notfalls Kaffee.